Krankengymnastik
Ingo Jonatzki
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Vertreterinnen und Vertreter von mehr als vier Millionen Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen fordern eine Neuausrichtung der Gesundheitspolitik. Das Durchschnittsalter und der Behandlungsbedarf der Bürgerinnen und Bürger steigen. Gleichzeitig werden in den kommenden Jahren viele im Gesundheitswesen Beschäftigte altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Mit Blick auf diese drohende doppelte demografische Krise fordern 40 im Bündnis Gesundheit zusammengeschlossene Organisationen die Bundesregierung auf, einen Gesundheitsgipfel im Bundeskanzleramt einzuberufen. Das Bündnis plädiert dafür, dabei alle Politikbereiche mit einzubeziehen, die die gesundheitlichen Belange der Bürgerinnen und Bürger betreffen.
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats: „Das Gesundheitswesen ist in einem kritischen Zustand. Der Teufelskreis von Überlastung, Erschöpfung und Abwanderung von Fachkräften in andere Berufe konnte bisher nicht durchbrochen werden. In seiner derzeitigen Verfassung wäre das Gesundheitssystem nicht in der Lage, eine gesundheitliche Krise größeren Ausmaßes zu bewältigen. Doch schon im Routinebetrieb geht die Schere zwischen Anspruch und Realität der Gesundheitsversorgung immer weiter auseinander. In vielen Bereichen gehören Wartezeiten und Versorgungseinschränkungen schon heute zum Alltag. Das gefährdet die Sicherheit der Patientenversorgung ebenso wie die Gesundheit der Beschäftigten. Die Herausforderungen sind inzwischen so groß, dass diese nur noch ressortübergreifend und nur durch eine übergeordnete Schwerpunktsetzung bewältigt werden können.“
Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer: „Wenn sich die Spitzenorganisationen aus dem Gesundheitswesen in einem so großen Bündnis
zusammenschließen, sollte die Politik das ernst nehmen und sich den gesundheitspolitischen Herausforderungen stellen. Neben einer auskömmlichen, zukunftsfähigen Finanzierung brauchen wir dringend grundlegende Strukturreformen. Unter anderem müssen Steuerungselemente eingeführt werden, die das Personal entlasten. Dazu gehören zwingend mehr Gesundheitsförderung und Prävention, eine gezielte Koordination der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, eine effiziente Nutzung von Ressourcen und die noch engere Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe.“
Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten: „Unser Gesundheitswesen braucht versorgungsorientierte, praxistaugliche und nachhaltige Strukturen. Zur Bewältigung der demografischen Herausforderungen sind neue Antworten zum Umgang mit dem Fachkräftemangel nötig. Natürlich brauchen wir in allen Berufen höhere Ausbildungskapazitäten. Vor allem aber müssen die in der Versorgung tätigen Kolleginnen und Kollegen vor Überlastung geschützt werden. Arbeitsbedingungen dürfen nicht weiter dazu führen, dass Fachkräfte sich beruflich umorientieren und das Gesundheitswesen bewusst verlassen. Daneben sollte die Integration ausländischer Fachkräfte und die strukturierte Einbeziehung pflegender Zugehöriger mitgedacht werden. Chronisch kranke Patientinnen und Patienten brauchen stärkere Unterstützung darin, ihre medizinisch-pflegerischen Lebenssituationen zu bewältigen. Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung muss gestärkt werden.“
Hannelore König, Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe: „Gesundheit und Pflege sind keine Kostenfaktoren. Sie bilden vielmehr die Grundlage für eine lebenswerte, sozial und politisch stabile Gesellschaft. Deswegen ist – gerade auch vor dem Hintergrund des zurückgehenden Vertrauens in unsere Demokratie – eine auskömmliche Finanzierung des Gesundheitssystems unabdingbar. Sie ist Voraussetzung für eine patienten- und aufgabengerechte personelle Ausstattung ebenso wie für die dringlich notwendigen strukturellen Reformen. So haben Projekte wie die Krankenhausreform oder die Notfallreform das Potenzial, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Allerdings muss die Bundesregierung die Übergangs- und Transformationsphasen finanziell absichern. Anderenfalls drohen die Reformen zu scheitern. Zudem müssen die gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen durch ausreichend hohe Bundesmittel finanziell abgesichert werden. Wir fordern die Abschaffung der Budgetierung von Leistungen, da Budgetierung drohende Versorgungslücken verschärft und zu Leistungskürzungen führt.“
Als Grundlage für den Krisengipfel im Kanzleramt haben die im Bündnis Gesundheit zusammengeschlossenen Organisationen gemeinsam ein Thesenpapier erarbeitet, das an das Bundeskanzleramt übermittelt wird. Es führt Maßnahmen zu den drei wesentlichen Handlungsfeldern Fachkräftemangel, Strukturreformen und Finanzierung der Versorgung aus. Nach Überzeugung der Bündnispartner kann nur so eine zukunftsfeste, patientengerechte Gesundheitsversorgung gewährleistet werden.
Thesenpapier des Bündnis Gesundheit: Zukunft des Gesundheitswesens ressortübergreifend sichern
Eine Aufzeichung der Pressekonferenz ist auf der Internetseite der Bundesärztekammer zu finden.
Das Papier wird getragen von:
Bundesärztekammer (BÄK)
Deutscher Pflegerat e. V. (DPR)
Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.
Verband medizinischer Fachberufe e. V. (vmf)
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V.
ADEXA – Die Apothekengewerkschaft
AWMF e. V. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften
Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI)
Berufsverband Orthoptik Deutschland e. V. (BOD)
Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
Bundesverband für Ergotherapeut:innen in Deutschland BED e. V.
Bundesverband PTA e. V. (BVpta)
Bundeszahnärztekammer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e. V. (BZÄK)
bvvp e. V. Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten
dbl – Deutscher Bundesverband Logopädie e. V.
Der Verband für Physiotherapie – Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe (VPT) e. V.
Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT)
Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen e. V. (DVSG)
Deutscher Ärztinnenbund e. V.
Deutscher Berufsverband für Altenpflege e. V. (DBVA)
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Bundesverband e. V.
Deutscher Bundesverband der Atem-, Sprech- und Stimmlehrer/innen Lehrervereinigung Schlaffhorst-Andersen e. V. (dba)
Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie (dbs)
Deutscher Verband Ergotherapie e. V. (DVE)
Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK) e. V.
Deutscher Verband für Podologie (ZFD) e. V.
DVTA – Dachverband für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin Deutschland e. V.
Hartmannbund - Verband der Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.
Hausärztinnen- und Hausärzteverband e. V.
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV)
LOGO Deutschland Selbstständige in der Logopädie e. V.
Marburger Bund Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.
MEDI GENO Deutschland e. V.
Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa)
VDB Physiotherapieverband
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e. V. (VDBD)
Verband der Diätassistenten - Deutscher Bundesverband e. V. (VDD)
Verband leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte e. V. (VLK)
Virchowbund - Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.
Wer mehrere Sprachen spricht, hat einige Vorteile in der globalisierten Welt. Und doch halten sich manche Mythen rund um die Mehrsprachigkeit hartnäckig. Nicht selten wird Mehrsprachigkeit als ein Risikofaktor für sprachliche Entwicklung von Kindern angesehen. Eine der Fehlannahmen, denen der Deutsche Bundesverband für Logopädie e.V. (dbl) zum Europäischen Tag der Sprachen am 26. September 2024 auf den Grund geht.
Was hinter den Mythen steckt, erklärt dbl-Expertin Prof. Dr. Wiebke Scharff Rethfeldt, Professorin für Logopädie und Leiterin des Studiengangs Angewandte Therapiewissenschaften an der Hochschule Bremen.
Mythos 1: Es stört den Deutscherwerb, wenn man die Herkunftssprache praktiziert.
„Nein. Zwar erwirbt man eine neue Sprache wie Deutsch am schnellsten in der direkten Interaktion mit Muttersprachler*innen, aber: Dies gelingt am besten auf dem Fundament bereits sehr gut ausgebildeter Sprachkompetenzen in der Herkunftssprache. Für eine gelingende Mehrsprachigkeit ist es wichtig, auch die Herkunftssprache im Kontakt mit Muttersprachler*innen vielfältig zu nutzen.“
Mythos 2: Mehrsprachige Erziehung überfordert Kinder.
„Für sprachgesunde Kinder ist es kein Problem, mehrsprachig aufzuwachsen. Dazu müssen die Kinder allerdings ausreichend mit der weiteren Sprache in Kontakt kommen. Dabei ist entscheidend, dass erwachsene Sprecher*innen häufig, reichlich und qualitativ hochwertig den Spracherwerb anregen und gute Sprachvorbilder sind", erläutert die Expertin.
Mythos 3: Mehrsprachige Kinder brauchen keine Logopädie.
Scharff Rethfeldt sagt dazu: „Das ist falsch, denn so einfach ist es nicht. Schließlich sind zehn Prozent aller Kinder, auch mehrsprachiger Kinder, von einer Form von Sprachstörung betroffen. Diese Kinder benötigen ebenso wie einsprachig aufwachsende Kinder so früh wie möglich eine logopädische Therapie. Gerade bei mehrsprachigen Kindern werden Hinweise auf Sprachentwicklungsstörungen noch immer häufig als „normale Verzögerung“ des Spracherwerbs bedingt durch Mehrsprachigkeit oder als mangelnde Deutschkenntnisse fehlinterpretiert. Wenn dies passiert, wird eine frühzeitige effektive Intervention verpasst und wertvolle Zeit verloren, denn eine Sprachstörung verwächst sich nicht. Mehrsprachige Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen brauchen ebenso eine logopädische Behandlung wie einsprachige Kinder.“
Weitere hilfreiche Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Website oder auf dem Flyer von Prof. Scharff Rethfeldt „Störungen der Sprachentwicklung bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern“.
Kniegelenk stabilisieren, Schmerzen und Schwellungen reduzieren, langfristige degenerative Veränderungen im Knie (Kniearthrose) verhindern sowie die Fähigkeit wiederherstellen, den Beruf oder Sport auszuüben – das sind die Behandlungsziele der Rehabilitation nach einem Kreuzbandriss (häufig nach einer Operation).
Ob Patientinnen und Patienten mit einem Riss des vorderen Kreuzbands während der Rehabilitation vom selbständigen Training mit aktiven Bewegungsschienen (CAM-Schiene, CAM = Continuous Active Motion, eine Schiene ohne Motor), die das betroffene Bein mobilisieren, profitieren im Vergleich zur Physiotherapie allein, konnte auch eine dritte Studie nicht zeigen: Die Herstellerstudie an Patientinnen und Patienten im häuslichen Bereich nach einer operativen Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands liefert keine Daten, aus denen sich ein Nutzen ableiten ließ.
Deshalb bleibt es im aktuellen Rapid Report bei demselben Ergebnis, zu dem das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bereits im Mai 2017 bei seiner Nutzenbewertung kam: Es gibt keinen Anhaltspunkt für einen Nutzen oder Schaden der sogenannten CAM-Schienen bei Patientinnen und Patienten mit einer operativ versorgten vorderen Kreuzbandriss. Studien zu Personen ohne Operation fehlen weiterhin, laufende oder geplante Studien wurden nicht identifiziert.
Abbruch der Erprobungsstudie nach Interimsauswertung
Nach der ersten Nutzenbewertung des IQWiG im Jahr 2017 setzte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das Bewertungsverfahren für CAM-Schienen beim Kreuzbandriss bis 31.10.2023 aus, um das Potenzial der Methode als eine Behandlungsalternative gegenüber der standardisierten physiotherapeutischen Rehabilitation in einer Erprobungsstudie (gemäß § 137e SGB V) klären zu lassen. Daraufhin startete ein Hersteller auf eigene Kosten eine entsprechende Studie, die allerdings bald abgebrochen wurde. Der Hersteller begründete den Abbruch mit Schwierigkeiten, genügend Teilnehmende für die Studie mit CAM-Schienen zu finden, nachdem ab 2019 die CPM-Schienen (CPM = Continuous Passive Motion, eine Schiene mit Motor) immer üblicher wurden. Die bis dahin generierten Studiendaten zeigten zu keiner der untersuchten Zielgrößen einen Vor- oder Nachteil der Methode gegenüber einer Rehabilitation ohne Schiene.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der G-BA hatte das IQWiG im Dezember 2023 beauftragt, den Bericht zu aktiven Kniebewegungsschienen zur Selbstanwendung bei Rupturen des vorderen Kreuzbandes, eine Aktualisierung zum Auftrag N16-01, in einem beschleunigten Verfahren als „Rapid Report“ zu erarbeiten. Zwischenprodukte wurden daher nicht veröffentlicht und nicht zur Anhörung gestellt. Dem Auftraggeber ist dieser nun veröffentlichte Rapid Report am 03. Juni 2024 zugegangen.
Originalpublikation:
https://www.iqwig.de/projekte/n23-02.html